Wir sind immer noch im Pazifikatoll, dem schönen Amanu, und veröffentlichen diesen Bericht über Funk, hier gibt es kein Internet, also folgen Fotos später.
So viele Boote hatte Amanu, das kleine paradiesische Atoll, sein Lebtag nicht gesehen! Die etwa 100-köpfige Dorfbevölkerung ist ausser Rand und Band, die Segler machen etwa ein fünftel der Bevölkerung aus. Und schon offenbart sich die polynesische Gastfreundschaft von ihrer schönsten Seite. Der Bürgermeister lädt alle Segler ins Rathaus zum Essen ein! Die Segler schmeissen sich in ihren besten Zwirn, eifrig werden auf den Booten Nachspeisen improvisiert, denn keiner möchte mit leeren Händen dieser Warmherzigkeit begegnen. Im Rathaus wird eine grosse Tafel aufgebaut, der Fisch brutzelt auf dem Grill. Der Bürgermeister ist der jüngste Frankreichs, er wurde mit zarten 19 Jahren gewählt und ist mittlerweile 27 Jahre alt und freut sich einen Ast über diese illustre Gesellschaft. Er hält eine kurze Rede, ein Gebet wird gesprochen und nun munter drauflos schnabuliert. Das ist natürlich nicht alles: stolz gibt der junge Mann anschließend eine Führung über die Insel, zuerst bestaunen wir die handwerklichen Künste seines Grossvaters, der aus Muscheln wirklich alles herstellt, von Dekoration zu Hochzeiten und anderen festlichen Anlässen über kleine Tiere bis zu ein Meter hohen Eiffeltürmen. Stolz legt er den Seglern den unglaublich schweren Schmuck um und animiert uns dazu, Fotos zu schiessen. Der nächste Ort ist dann das riesige neue Rathaus, es erinnert im Geruch und Konstruktion sehr an Europa und dient ebenfalls als Hurrikan-Unterschlupf für die Inselbevölkerung. Als nächstes ist das Generatorhaus dran, wir können bestaunen, über wieviele Batterien der Solarstrom hier ins Netz gejagt wird, Seglers Augen beginnen zu leuchten. Nebenbei erfahren wir, dass François, der Bürgermeister in zweiter Position noch der Krankenpfleger der Insel ist und in dritter Position Besitzer eines kleinen Ladens, den er extra für uns öffnet. Ausserdem hat er ein Telefon mit dem wir, auf französische Staatskosten, nach Europa telefonieren dürfen! Was für ein toller Mensch. Tags drauf dürfen wir sein Angebot in Anspruch nehmen und Capitana kann ihrem Vater zu seinem runden Geburtstag gratulieren, eine grosse Freude. Wir lernen die Dorfbevölkerung kennen, Kuss links, Kuss rechts und eine Frau lädt uns in ihren Garten ein, sie sind stolz, haben sie es geschafft, im Muschelkalk anzubauen, Süsskartoffel und allerhand andere Pflanzen, die sie und ihr Mann Bruno uns stolz präsentieren. Am Ende bekommen wir zwei Papayas in die Hand gedrückt und sollen unbedingt wieder vorbeischauen.
Dann gibt es noch ein trauriges Ereignis zu zelebrieren, denn während unserer Zeit in Rapa Nui ist die Mutter unseres Seglerfreundes Stefan plötzlich verstorben und er dann nach Gambier gesegelt, um sein Boot dort für seine Deutschlandreise lassen zu können. Er hat ein klein wenig Asche mitgebracht und Smutje wochenlang an der Gitarre das Lied “Gracias a la vida” einstudiert. Der Abend naht und wir versammeln uns zu viert auf der “Abraxas”, speisen gemeinsam, lachen gemeinsam und halten gemeinsam die Abschiedszeremonie ab. Smutje spielt und singt mit einer Träne im Auge das sehr emotionale Lied, das Firmament leuchtet über uns, die Brandung schlägt ans Riff und mit einem sanften Aufglimmen fliegt die Asche in die grünblaue Lagune. Die ein oder andere Träne wird aus dem Gesicht gewischt, ein paar schweigsame Sekunden, bevor wir uns alle in die Arme fallen. Ein tropischer Regenschauer vollendet das Ritual und wir flüchten uns in den warmen Bauch der “Abraxas”, um den Abend ausklingen zu lassen.
Und nun folgen viele Tage mit Spass und Kokosnüssen, mit Fischen auf dem Grill und grossen Haien. Wir verlegen unsere Boote auf die andere Seite des Atolls, denn hier sind wir sicherer vor dem Wind und ankern ausserdem in angenehmer Wassertiefe im türkisen Ozean. Unsere Freunde von der “Pirluoit” haben eine lange Leine an ihrem Baum installiert und so fliegen wir, mehr oder weniger akrobatisch, unter lautem Gejubel ins warme Blau. Es wird mit dem Speer gefischt, denn hier hat das Meer noch richtig was zu bieten, unsere Bäuche füllen sich mit Fisch und allem, was die Boote noch an Leckereien aus ihrem Bauch zaubern können. Die Sonne scheint, es liegt ein schwerer Blütenduft in der Luft und die Zeit scheint stehengeblieben zu sein.
via Kurzwelle
01.06.2017 – 00:28 utc
17°54.77’S
140°50.54’W
Kurs 175T Speed 0.1 Kn
Trotz strahlender Sonne, wunderbarem Essen und bester Gesellschaft flossen auch hier die Tränen, als Ulli für das Geburtstagskind “Gracias a la vida” sang.