Schweren Herzens, aber auch um Einiges erleichtert überreichen wir INTIs Schlüssel an ihre neuen Eigner. Tränen fließen und Erinnerungen an unseren Kauf kommen hoch. Saßen wir vor fast sieben Jahren genauso da, berührt, das Boot von jemanden zu kaufen, der es so sehr geliebt hat und nun stecken wir in der gleichen Situation. Doch glücklicherweise holt uns der Alltag schnell ein, wir haben verabredet, auf dem Boot Robusta unserer schweizer Freunde Anja und Thomas weiter nach Saipan zu segeln. Aufregung macht sich breit, die Strecke umfasst 1600 Meilen, kein Spaziergang also, dann auf so kleinem Raum, zwei Morgenmuffelinen an Bord und alle ausgestattet mit einem umfassenden Repertoire an Seemannsgarn, ob das mal so gut geht? Das Proviantieren läuft als Erstes schon mal glatt. Ein Haufen Frischzeug wird besorgt, obwohl man hier kaum von Frisch sprechen kann, alles Gemüse und Obst, sogar Zwiebeln kommen in Majuro gekühlt an, aus den USA oder umliegenden Ländern importiert. Wir nehmen trotzdem, was wir kriegen können, schließlich kann es sein, dass wir bis zu drei Wochen gemeinsam auf dem Kahn ausharren werden. Wir organisieren noch ein Abschiedsessen mit unseren neuen Freunden und tags drauf geht es auch schon los. Im Pass zum Atoll werden wir noch von Delfinen verabschiedet und raus geht es in die erste gemeinsame Nacht auf See. Wir dürfen unseren Abschiedsschmerz ausschlafen, das heißt, wir werden die erste Nacht von Wacheschieben verschont, wie schön! Doch das Aufwachen ist dann zwar nicht bitter sondern salzig und viel früher als geplant! Eine Welle hat sich den Weg durchs Cockpit gebahnt und platscht fröhlich und voller Schwung auf Smutjes Kopf! Bähhh, nass! Jetzt kommt Schwung in die Bude, eine echte Herausforderung für vier Leute, sich vernünftig einzubasteln. Alle stehen aufgeregt rum, reichen Handtücher zum Trocknen, einer muss aufs Klo, rammt dem anderen beim rauskommen die Tür in den Rücken, jemand kocht Kaffee, einer schwankt durchs Cockpit. Doch mit der Zeit kommt Routine in die Abläufe, die Aufregung sinkt, Ruhe tritt ein. Es werden kleine Backgammon, bzw. Tavliturniere gespielt, und vor allem unglaublich gut gekocht. Obwohl Capitana augenzwinkernd ein Kochverbot auferlegt wird, ihr Essen produziere zu viele Darmwinde, schmausen wir von morgens bis abends fein, jeder gibt sein Bestes und das kann man auch schmecken (was im Schweizerischen allerdings „riechen“ bedeutet).
Segeln fühlt sich sehr angenehm auf der „Robusta“ an. Sie ist viel schwerer und breiter als INTI, bewegt sich noch behäbiger mit den Wellen, ruhiger und langsamer.
Da die Fahrt die ersten Tage sehr angenehm ist, kommt Thomas Angel und Smutjes Leine zum Einsatz, mal sehen, was wir vor dem Bikini-Atoll so fangen… Und kurz vor Sonnenuntergang der erste Biss! An Thomas Angel zappelt es und er zieht einen Skipjack-Tuna heraus. Gerade an Bord gehievt, zappelt es beim Smutje und siehe da: ein Yellowfin-Tuna hängt dran. Najaaa, da wir ja vier Personen sind wollen wir mal nicht so sein, der kommt auch raus. Und flugs sind einige Dips zubereitet und die rohen Tunas werden heißhungrig verschlungen, der Rest angebraten für den nächsten Tag. Nachts brauchen wir nun keine Taschenlampen mehr, denn wir leuchten von selbst von dem verstrahlten Tuna. Natürlich nicht, aber trotzdem kommen Gedanken auf, inwieweit hier, nach dem Atomversuchen der Amis, noch Strahlung vorhanden ist und ob das auch im Meer direkt der Fall ist.
Diese und die nächste Nacht müssen wir uns treiben lassen, der Wind ist komplett eingeschlafen. Doch im Anschluss lässt er sich nicht lumpen und dreht so richtig auf! Squalls tauchen auf, die Welle beginnt zu steigen, Regenschauer erfrischen uns und das ist erst der Anfang! Nach ein paar Tagen können wir uns kaum noch bewegen, ohne uns irgendwo abstützen zu müssen, Wellen überraschen uns nun des öfteren in unserer Schlafkoje, und wir alle fühlen uns wie Kugeln im Flipper. Die Wellen werden haushoch, einmal fällt die arme “Robusta“ gar von einer Welle herunter und taucht bis zu Reling ins Wasser ein, wobei zwei Waschlappen futsch gehen. Nicht so schlimm, wir verbringen diese Tage sowieso in totaler Lethargie, können uns kaum bewegen ohne irgendwo anzuecken, kochen und abwaschen wird zu reinen Akrobatik, wonach man sich erstmal wieder ausruhen muss. Gefühlte 50 Bücher lesen. Aufs Klo gehen? Kaffee kochen? Das braucht mindestens eine halbe Stunde mentale Vorbereitung. Man will ja auch niemanden anders aus seiner Apathie reißen. Nein, das klingt drastisch, ganz so war es nicht, aber diese paar Tage mit dem starken Wind und der Riesenwelle waren nicht ganz ohne. Wären da nicht die WALE gewesen! Anja erspäht sie und ruft uns alle ins Cockpit. Riesige Exemplare ziehen vorbei, mindestens zwei Pärchen. Ab und zu stoßen sie Fontänen aus, verschwinden im Wasser, um dann wieder munter aufzutauchen. Irgendwann verabreden sie sich gar zum Spielen, was der Alptraum eines jeden Seglers ist, ein Wal kann ganz schönen Schaden am Boot anrichten, doch Stahlbootbesitzer bleiben cool. Sie tauchen unter dem Boot hindurch, genau, wie Delfine es lieben, der Unterschied besteht allerdings darin, dass sie genauso lang wie die „Robusta“ sind, das heißt über 10 Meter groß! Wir halten den Atem an und sind völlig fasziniert, wie wendig diese großen Säuger sind, geschmeidig tauchen sie wieder auf und sind nach einer halben Stunde so lautlos, wie sie kamen, auch wieder irgendwo im weiten Ozean verschwunden. Langsam beruhigt sich die Welle, auch der Wind nimmt ab. Doch irgendwie ist die Stimmung angespannt. Wird der Alptraum wahr? Werden wir uns alle auf hoher See, zu weit weg um rechts ran zu fahren, streiten, zerfleischen, kielholen? Angst! Des Rätsels Lösung ist doch denkbar einfach: Thomas´ Zigaretten sind alle. Doch das bedeutet Stress für alle. Anja als Nichtraucherin ist froh, dass er Abstinenz üben muss, Capitana, die auf Überfahrten normalerweise garnicht raucht hat es sich für diese Überfahrt anders überlegt und raucht mal zwei, drei am Tag, die Zigaretten, die Smutje wiederum für sich gekauft hat, da er auf Überfahrten gerne raucht. Nicht leicht, diese Situation. Anja überlegt, uns alle in unsere Kabine einzusperren, es gibt ein Gitter, um sie abzusperren und uns die Zigaretten in homöopathischen Dosen reinzureichen. Wir schlagen Alarm! Nein, bloß das nicht! Ab jetzt werden die Zigaretten seemännisch geteilt, die Stimmung beruhigt sich langsam wieder und schlussendlich findet Thomas dann doch noch irgendwo eine Schachtel und der Frieden ist wieder hergestellt. Schiffe sehen wir auf dieser Überfahrt so gut wie keine und überraschenderweise haben die zwei Nächte driften auch nichts daran geändert, dass wir schon nach 13 Tagen Saipan am Horizont aufleuchten sehen. Wir alle sind stolz auf uns, diese Fahrt so problemlos und schnell gemeistert zu haben.
Lust auf eine andere Sicht auf die Überfahrt? Dann schaut doch mal bei https://sy-robusta.ch vorbei!
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Habt ihr fein gemacht! Liebe Gruesse aus NZ. Cheers. Rainer