Wenn du ein Problem hast, versuche es zu lösen. Kannst du es nicht lösen, dann mache kein Problem daraus. Buddha
Lange war es still um uns, trotzdem ist viel passiert. Unsere Reise ist im letzten halben Jahr weitergegangen. Erstmal nicht mehr auf See, dafür auf Land und seit über zwei Monaten sogar wieder in Deutschland. Eine Reise zu neuen Ufern und spannenden Zielen. Viel Neues hat sich ergeben, der eine oder andere Ausflug führt tief in uns selbst und in unseren abenteuerlustigen Köpfen reifen neue Träume.
In unserem „Lockdown“ in Thailand haben wir unsere lockere Zusammenarbeit mit blauwasser.de weiter ausgebaut. Wir haben viel geschrieben, recherchiert und gearbeitet. Dadurch hatten die vier Monate, während denen wir in Koh Samui gestrandet waren, immer eine Struktur im Tag. Aufstehen, meditieren, Yoga, Milchkaffee, Artikel schreiben, Strand.
Die äußeren Umstände taten ihr Gutes. Unsere Flüge waren gestrichen worden und wir mussten uns wieder einmal damit auseinandersetzen, was es heißt, in Planungen gestoppt zu werden. Über die Segelei hatten wir dieses Phänomen ja schon oft erfahren. In Abhängigkeit von der Natur planen zu müssen, Hurrikan- oder Zyklonsaisons zu überbrücken und in unsere Vorbereitungen mit einzubeziehen. Wetterfenster zu suchen und doch von rauem Wetter überrascht zu werden. Sich den äußeren Begebenheiten anpassen und das Beste daraus machen.
Nun lag Kurs Deutschland an und wir stellten fest, dass wir dafür noch nicht gewappnet waren. Tornados fegten durch unsere Gedanken, die Trennung von INTI lag noch nicht lange zurück, das Reisen an Land war fremd und ungewohnt geworden. Eindrücke lagen als Fotos auf diversen Festplatten, doch die Seele war noch nicht hinterhergekommen.
Beim Innehalten und Verarbeiten unserer Reise haben uns zwei einwöchige Aufenthalte in einem buddhistischen Schweigekloster mit Anleitungen zum täglichen Meditieren sehr geholfen. Und natürlich die Umgebung im so freundlichen Thailand. Trotz der globalen Krise, die die Menschen in den ärmeren Regionen besonders hart trifft, ist es das „Land des Lächelns“ geblieben. Durch unsere Mitarbeit in einem Hilfsprojekt gegen den Hunger haben wir versucht, etwas von der Freundlichkeit die wir erfahren haben zurückzugeben und hatten gleichzeitig die Gelegenheit, noch etwas tiefer in das Leben auf Koh Samui einzusteigen.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben uns gelehrt, in fremden Ländern zu leben und das auch mit Freude annehmen zu können. Nicht als Reise sondern als Alltag. Andere Länder machen uns lange keine „Angst“ mehr, die Neugierde ist einfach zu groß und wir gehen offen und freundlich auf das Neue zu. Das haben wir in den vergangenen fast sieben Jahren gut üben können.
So ganz ohne persönliche Habe hielten wir es bestens in unserem Hostel in Thailand aus. Was brauchen wir schon? Dusche, Essen, Sonnenschein und die Begegnung mit Menschen und ihrem Lächeln. Wir schlossen viele Freundschaften und trafen auf einen ganz individuellen Mix aus Persönlichkeiten. Im Land hängengebliebene wie wir, Aussteiger aus allen Ecken der Welt, die sich in Thailand niedergelassen haben, Einheimische, die Betreiber unserer Lieblingsgarküchen, die über die Zeit auch unsere Freunde geworden sind.
Selten geht es dabei um die, in Europa weit verbreitete, Frage: „Was ist Dein Beruf?“, sondern darum, welchen Menschen ich vor mir habe. Mit den Jahren haben wir es gelernt, nicht mehr die Schubladen zu öffnen, um Menschen zu etikettieren, sondern darum, in ihre Augen zu schauen und einen Menschen zu sehen, einen Menschen wie Du und Ich mit den gleichen Bedürfnissen nach Essen, Schlaf und mehr. Keine Ressentiments, keine Vorbehalte. Natürlich hört auch unsere Offenheit irgendwann auf, aber eben erst dann, wenn wir klar erkennen, dass Verhalten andere verletzt.
Durch das Segeln über wilde Ozeane haben wir ein Urvertrauen entwickelt. Ein Vertrauen in uns und unsere Kräfte. Zusammen als Team haben wir Stürme und Flauten abgewettert und uns gemeinsam bewährt. Was hilft uns am 10. von 20 Tagen auf hoher See ohne Land in Sicht eine Versicherung? Die Sicherheit liegt in uns selbst und im Vertrauen aufeinander.
Zurück in Deutschland, nach dieser siebenjährigen Reise zu uns selbst begegnen wir natürlich der Gesellschaft, in welcher wir selbst groß wurden, deren Gepflogenheiten auch wir verinnerlicht hatten. Von all unseren zahlreichen vorherigen Reisen brachten wir als Souvenir immer ein Lächeln mit und stellen fest, dass dieses auch erwidert wird. Meist erst mit Verwunderung, doch oft scheint es lange auf seinen Adressaten gewartet zu haben und ist nach einigem Zögern umso herzlicher. Warum? Ein Lächeln ist doch so einfach und kostet nichts!
Bei den einfachen Kulturen, auf die wir im Pazifik stießen, gibt es Zynismus zum Beispiel gar nicht. Wozu auch? Manchmal trafen wir auf unerbittliche Ehrlichkeit, dem einfachen Aussprechen von offensichtlichen Dingen. Das kann sehr irritierend sein, aber warum nicht einfach so? Wozu eine Verpackung in Zweideutigkeiten?
In Deutschland heißt es ja: „Der Ernst des Lebens beginnt!“ oder „Spaß beiseite!“ Natürlich haben wir durch unsere Erziehung verinnerlicht: These/Antithese/Synthese und es macht ja auch Sinn, zu hinterfragen. Aber muss das denn immer Ernst und spaßbefreit sein? Es kann doch auch eine gute Eigenschaft sein, über sich selbst lachen zu können, ohne sich trotzdem selbst regelmäßig zu überprüfen.
Überall steht unser Hab und Gut aus unserer Deutschland-Zeit herum. Wir sträuben uns, die Kisten zu öffnen und mit dem ganzen Kleinkram unseres damaligen Lebens konfrontiert zu sein. Was brauchten wir denn in den letzten Jahren, abgesehen davon, dass unser Stauraum begrenzt war? Was war uns wichtig? Ein eigenes Kissen unter dem Kopf zu haben und eine Tasse schönen Milchkaffees am Morgen. Ein paar Badesachen und Klamotten. Geschirr und was Gutes zu essen. Werkzeug zur Erhaltung unseres Zuhauses. Eine Angel zum Fische fangen. Gute Bücher auf dem Kindl und einen Computer für die Navigation und zum Schreiben. Über dem Hab und Gut stand die Schönheit der Natur und der Kontakt zu Menschen, sei es zu Einheimischen oder den Seglern aus aller Welt.
Im Großen und Ganzen gesehen fällt es uns leicht, mit unserer gewonnenen Erkenntnis erstmal wieder zu landen. Wir versuchen, das zu sehen, was auch wirklich da ist, uns nicht in Spekulationen zu verlieren, weiterhin den unverstellten Blick über die Dinge schweifen zu lassen. Uns unserer selbst sicher zu sein und uns nicht in Zweideutigkeiten zu verstricken. „Weniger ist Mehr“, bleibt unsere Devise und wir versuchen, trotz all der Verlockungen, unseren minimalistischen Lebensstil zu halten. Auf diesem Kurs fahren wir gut, wir haben, seitdem wir zurück sind, viele positive Erfahrungen machen können, die uns das Leben unglaublich viel entspannter angehen lassen. Wir werden willkommen geheißen, freundlich begrüßt und finden Platz in der kleinsten Bude. Wir wechseln den Ankerplatz ohne Angst vor Neuem, schauen auf das Jetzt. Wir schätzen und genießen Ausflüge in die Natur, die Treffen mit alten und neuen Bekannten und unseren Familien. Wir stellen immer wieder fest, dass wir nicht zurückgekehrt sind, sondern vielmehr aufgebrochen zu einem neuen Abenteuer.
Unsere Erinnerungen sind zu einer Haltung geworden, sie leben in uns weiter als Konzept und geben uns einen festen Ankergrund in einer Zeit, in der die Wellen hoch schlagen und die See aufgewühlt ist.
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Sehr schöne Worte die einem (besonders in diesen Zeiten.. 😉 ein Lächeln in die Augen zaubern. Bon voyage et le vent vous portera …