Wiedersehen mit Freunden
Vorsichtig schiebt INTI ihren Bug in eine kleine malerische Bucht umgeben von Felsen und grünen Hängen. Unter uns leuchtet türkisblau das klare Wasser des Mittelmeers, keine Straße verbindet diesen Ort mit der Zivilisation. Wir sind am Ziel, wir laufen ein in Alekistan, für manche nur eine weitere der vielen Buchten an den wilden Küsten Griechenlands, für uns ein ganz besonderer, fast schon magischer Ort!
Wir werden begleitet von zwei wunderschönen alten Camper&Nicholsons Yachten, auf der einen der Besitzer und Namensgeber der Bucht Alekko, auf der anderen unser lieber Freund Stefan, den wir auf der Osterinsel kennengelernt haben. Gemeinsam haben wir die Inseln Polynesiens und Fidschis erkundet und viele Abenteuer erlebt. Zum Abschied schenkte er uns die Gastlandflagge ihrer zum eigenen Staat ernannten Bucht: „Wir sehen uns in Alekistan“

Nun ist es endlich soweit, das weiße Fischskelett auf schwarzem Grund flattert stolz unter der Saling der neuen INTI. Gern wären wir mit der alten INTI dort eingelaufen, doch die Umstände zwangen uns damals, sie im Pazifik zurückzulassen. Auch Stefans ABRAXAS ist eine neue, die alte Contest 30, mit der er von hier durch Patagonien bis ans westliche Ende des Pazifiks segelte, erfreut einen neuen Besitzer in Neukaledonien. Nur Alekko hat seine Bedouin nach Hause gebracht, indem er sie alleine von Chile aus noch einmal zurück durchs wilde Patagonien, dann diagonal über Atlantik und weiter ins Mittelmeer nach Griechenland segelte.

Doch vom Schwarzen Meer kommend, lag da doch noch die Türkei.
Die wilde Fahrt durch den Bosporus
Früh am Morgen wachen wir auf, die Sonne brennt. Nachts um drei haben wir das Schwarze Meer hinter uns gelassen und sind in den erstmöglichen Hafen am Bosporus eingelaufen. Wir schauen uns um, wo haben wir eigentlich letzte Nacht geankert? Im Dämmerschlaf hörten wir bereits die großen Fischtrawler, die in Poyraz ein- und ausliefen. Auch ein typisches Piratenschiff von denen, die wir schon in Konstanza gesehen haben, liegt hier. Ansonsten nur Fischerboote und ein verlassenes Segelboot neben uns vor Anker. Vor uns eine der großen Brücken über den Bosporus. Da fahren wir jetzt drunter durch, einmal quer durchs Verkehrstrennungsgebiet, viele Ozeanriesen fahren ein und aus.

Das linke Ufer ist jetzt Asien und das rechte Europa. Die erste Etappe ist noch recht ruhig und beschaulich, doch nach und nach geht es los: wild brausen Ausflugsschiffe aller Art an uns vorbei, die Passagiere jubeln uns zu, wie wir in den wilden Wellen derer Motoren dahinschaukeln.

Immernoch überlegen wir, ob wir in Istanbul einklarieren sollen, doch eigentlich ist die Entscheidung schon gefallen. Die Einreise wird hier am liebsten von einem Agenten übernommen und das ist teuer. Selbst wenn man es ohne versuchen sollte, braucht man mindestens einen Tag dafür, da die Behörden über die ganze Stadt verteilt sind. Dazu kommt, dass die Marinas in Istanbul weiter draußen liegen und saftige Liegegebühren verlangen. Also schaukelt INTI an der riesigen Stadt vorbei, an jeder Uferseite gibt es alte Gebäude und große Moscheen zu sehen, um uns herum Luxusyachten, kleine Fähren und große Frachter. Ein kleiner Abstecher noch, um die Hagia Sofia zu sehen und die Brücke, der Fatih Akin seinen Film „Crossing the bridge“ über die Musikszene Istanbuls gewidmet hat.

Nun aber raus aus dem Wahnsinn! Ankern und Ausschlafen ist der Plan. Dafür müssen wir in eine Bucht außerhalb Istanbuls, eine riesige Reede muss passiert werden, hier liegen auf etlichen Seemeilen verstreut unzählige Frachter herum. Irgendwann ist auch das vorbei und wir biegen in die große Bucht ein.
Der Wind frischt deutlich auf, kleine Schaumkronen zieren das Wasser. Nach einigem hin und her schmeißen wir den Anker. Wir sind unsicher, ob wir nicht doch an Land gehen sollen, denn von den Restaurants riecht es verlockend nach Gegrilltem. Doch irgendwie haben wir ein komisches Gefühl, vielleicht auch unbegründet, aber wir sind ja im Transit und dann sollte man lieber nicht an Land gehen und, wer weiß, vielleicht schwärzt uns doch jemand an und das gibt eine saftige Strafe. Also machen wir es uns auf der INTI gemütlich, wettern ab, denn eine Front zieht über uns rüber, es rauscht im Rigg und regnet, der Muezzin ruft regelmäßig zum Gebet.
Zwei Tage später setzen wir die Genua und segeln mit ordentlich Wind, aber auch Welle weiter. 30 Seemeilen später sind wir froh, in einer kleinen Ankerbucht neben einem Industriehafen angekommen zu sein und raus aus den Wellen. Zwar schaukelt es auch nachts ein wenig, doch wir brechen vor Sonnenaufgang auf, Ziel Dardanellen.

Das Marmarameer
Dafür müssen wir noch ein weiteres Stück über das Marmarameer. Der Wind ist etwas runtergegangen, wir können trotzdem segeln. Der Himmel wird grauer und die Wellen unübersichtlicher. Ein seltsamer Tag. Irgendwann kommt der Wind nur noch von vorn und das Segel muss rein. Der Schiffsverkehr nimmt zu, der Funk rappelt unentwegt.

An Troja vorbei durch die Dardanellen
Wir biegen in die Dardanellen ein, eine Meerenge, die das Marmarameer mit der Ägäis verbindet. Bis in den Abend hinein herrscht auch hier sehr lebendiger Schiffsverkehr, als es dunkel wird, wird es noch chaotischer, überall blinken Lichter, an Land, wie auf dem Wasser. Es beginnt zu regnen, natürlich genau dort, wo die die Dardanellen am engsten sind und eine scharfe S-Kurve machen. Beeindruckend tuckern die riesigen Frachter an uns vorbei, kurz vor Mitternacht erreichen wir unser Ziel: eine kleine Bucht am Ausgang der Dardanellen in die Ägäis.

Wir können kaum was sehen, der Grund ist krautig und wir brauchen einen Sandfleck, doch beim zweiten Versuch hält der Anker. Aber was ist das? Ein hohes Piepsen in regelmäßigen Abständen ist auf dem Boot zu hören. Ist das irgendein Alarm? Wir lauschen überall, stöpseln Geräte ab, durchwühlen alle Schapps, halten die Ohren mal hier mal da dran, doch wir finden nichts. Ok, dann ein Anlegebier und gute Nacht. Das Piepsen begleitet uns.
Am nächsten Morgen ziehen wir den Anker und beim Losfahren stellen wir fest, dass es eine Wetterboje war, die dieses Geräusch gesendet hat. Im diesigen Morgenlicht mit etwas Sprühregen gleiten wir in die Ägäis. Trotz Feuchtigkeit ist Smutje ganz aus dem Häuschen: „Es riecht nach Griechenland!“ Und tatsächlich hängt in der Luft schon dieser unvergleichliche Geruch nach Pinien und Eukalyptus. Wir freuen uns drauf! Jetzt erstmal raus aus der Türkei.

INTI in der Ägäis
Die Sonne setzt sich durch und nach und nach können wir unser Ziel Limnos am Horizont erkennen. Im sanften Spätnachmittagslicht gleiten wir an den orange leuchtenden Felsen und den struppig bewachsenen Hügeln vorbei. Erleichterung macht sich breit! Nach drei Monaten, von Kelheim in Bayern haben wir es zu unserem Ziel Griechenland geschafft!

Es ist kaum zu glauben, dass INTI jetzt in ihrem neuen Zuhause angekommen ist. Am Abend machen wir endlich fest. Glücklich stolpern wir in eine Taverne, in der gerade eine Liveband spielt. Steine purzeln von unseren Herzen und als Smutjes Lieblingslied gespielt wird, sind wir den Freudentränen nah. Alles riecht gut, klingt gut und es fühlt sich gut an, hier zu sein. Weintrauben ranken über der Altstadt von Limnos, Kätzchen streifen um unsere Beine, die Sonne scheint. Im Schwebezustand saugen wir alles auf. Es ist so bekannt und trotzdem neu, wir sind nicht mehr auf Reise, sondern im Begriff, anzukommen.

Wir laufen den Hügel, hinauf unter dem der Hafen von Limnos liegt. Hier thronen die Reste einer Festung. Auf einmal raschelt es in den Sträuchern und vor uns tauchen Rehe auf und auch ein Hirsch mit großem Geweih schaut uns an. Ooops, damit hatten wir nun garnicht gerechnet. Der „Platzhirsch“ posiert manierlich, als wir Fotos machen wollen, wie eine Statue steht er da.

Als wir nach ein paar Tagen aufbrechen, kommen wir nicht weit, der Wind macht uns einen Strich durch die Rechnung. Gnadenlos knattert er uns mit bis zu 20 Knoten auf die Nase, dazu werfen uns die Wellen hin und her. Doch da liegt eine kleine Insel, Agios Efstratios, die wir genau ansteuern können. Sie hat nur einen kleinen Hafen, der von Fischerbooten belegt ist. Wir sind froh, aus der Welle hinaus zu sein und schieben INTIS Nase in die Einfahrt hinein. Da ist doch noch ein Platz an der Mole! Ein Fischer steht schon bereit, unsere Leine anzunehmen, aber erstmal gibt es einen kleinen Rumms, INTI steckt kurz fest, scheint aber über den kleinen Sandhügel im Wasser zu gleiten und schon sind wir vertäut.

Die Insel scheint bereits im Winterschlaf zu liegen, bei einem Spaziergang sehen wir nur vereinzelt Menschen. Ein kleines Museum liegt auf dem Weg und wir tauchen ein in die grausame Vergangenheit dieser Insel. Sie wurde mehr als 30 Jahre lang als Gefangeneninsel für politische Häftlinge genutzt, die unter unwürdigsten Bedingungen hier ihr Dasein fristeten. Davon ist draußen jedoch kaum noch etwas zu spüren. Nachdenklich schlendern wir zum Hafen, wo gerade eine Fähre anlegt. Auf einmal kommt Bewegung auf die Insel, Autos versammeln sich vor der Fähre, die Päckchen mitbringt, einige Reisende mit Rucksäcken steigen aus. Die sitzen dann auch in der Taverne, in der wir abends köstliche Hausmannskost genießen. Müde und glücklich sinken wir in die Koje.

Schon ein paar Tage und Seemeilen später werden wir von einer Flotille begrüßt, die sich eine Nacht lang vor Anker an INTI schmiegt, um sie dann in ihre neuen Heimatgewässer zu begleiten. Was für ein schönes Wiedersehen auf dem Wasser, welch herzlicher Empfang! Nach einer ausgiebigen Feiernacht segelt INTI ihrem neuen Zuhause entgegen. Smutje fängt einen schönen Thunfisch und bei einem Ceviche beenden wir den ersten Abend in INTIS neuem Zuhause.

Jetzt bereiten wir INTI auf den Winterschlaf vor. Eine spannende Reise liegt hinter uns, vor uns die unzähligen Inseln und Buchten Griechenlands.
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Well done. Dank eurer lebhaften Schreibe habe ich das Gefühl, fast dabei gewesen zu sein. Gruß Klaus