Auf dem Weg zu neuen Abenteuern
Der Herbst beginnt, doch wir sind im Aufbruch. Viel ist in der letzten Zeit passiert, neue Abenteuer warten auf uns. Auf unserem Weg nach Griechenland stoppen wir zunächst am schönen Bodensee. Denn dort liegt es, das Boot, das uns viele schlaflose Nächte beschert hatte, uns Entscheidungen abgerungen, uns zu neuen Träumereien motiviert hat. Neugierig klettern wir auf die Yacht, die uns im Winter bei einem Vortrag angeboten wurde. Das gestochen scharfe Alpenpanorama liegt vor uns und wir stechen mit wenig Wind in See.
Es fühlt sich gut an, mit diesem Boot auf dem Wasser zu sein. Auch sonst scheint es genau das richtige für uns zu sein. Es ist so lang wie die INTI, hat aber einen „dickeren Bauch“, ist um einiges breiter, was viel ausmacht. Außerdem hat es eine Heckkabine, in der zwei weitere Leute schlafen können, INTI hatte eine Hundekoje, die sehr eng war.
Die Pantry ist gut geschnitten, der Salon geräumig. Kein Mief kommt uns entgegen, als wir das Schott zum Niedergang öffnen. Die Dame hat vierzig Jahre auf dem Buckel, wirkt jedoch topfit. Mit dem Vorbesitzer werden wir uns schnell einig und bevor Zweifel aufkommen, machen wir uns auf den Weg gen Süden.
Kurs Süd Richtung Sonne
In diesem Jahr ist vieles aus dem Lot geraten. Beim Besuch von Segelfreunden in Österreich werden wir gewarnt, Starkregen, Erdrutsche. Bei der Fahrt durch Slowenien schüttet es in Strömen, einige Autobahnabfahrten gleichen reißenden Bächen, die Polizei hat bereits welche gesperrt. Smutje sitzt knurrend am Steuer: „Ich fahre jetzt so lange, bis ich entweder den Sternenhimmel oder die Sonne sehe!“.
Und so rutschen wir weiter bis wir in Serbien auf dem letzten Rastplatz vor Nordmazedonien ankommen. Es ist bereits zwei Uhr nachts, doch um uns herum tobt das Leben: Jugendliche hören laute Musik, Fernfahrer trinken Bier zusammen, Autos kommen und fahren. Doch wir schlafen tief und fest unter dem südlichen Sternenhimmel, den Regen haben wir hinter uns gelassen.
Angekommen in Griechenland
Glücklich mit der Sonne im Rücken erreichen wir tags darauf unser Lieblingsland Griechenland.
Nach vielen Tagen an ruhigen und belebten Stränden in Chalkidiki und Thassos übernehmen wir eine Yacht und erkunden die Nordägäis. Auf der Insel Samothraki sind wir zwei Tage lang vom Meltemi gefangen, erkunden sie mit einem Moped, wandern zu einem gewaltigen Wasserfall und genießen das alternative Treiben auf dieser abwechslungsreichen Insel.
Dann geht es ans Festland, erstaunt stellen wir fest, dass Kavala die drittgrößte Stadt Griechenlands ist, aber dennoch einen schnuckeligen Charme verbreitet. Ein großes Fort thront über der Altstadt, wir bestaunen zudem ein riesiges Aquädukt. In den schmalen Gassen lässt es sich hervorragend speisen, im seichten Abendlicht wandeln wir glücklich durch dieses historische Ambiente.
Vor Anker fühlen wir uns wohl und so klappern wir einige schöne Buchten von Thassos ab, bevor wir uns dann mit dem Camper auf den Weg zu unserem guten Kumpel und seiner Schwester im Pilion machen.
Und schon wieder ein katastrophales Ereignis, nicht weit von uns: die Gegend um Alexandropolis brennt, abends ziehen gelbe Rauchschwaden am Horizont entlang. In Milina feiern wir glücklich unser Wiedersehen mit Stefan und Anja, mit denen uns viel verbindet, treffen liebe Menschen vom Vorjahr wieder und genießen Strand und Sonne, unseren Stellplatz auf Stefans und Anjas Grundstück im Olivenhain, nette Abende in Tavernen und einen schönen Segelausflug.
Jetzt zieht es uns an den Strand, an dem unser gemeinsames Reisefieber vor mehr als dreißig Jahren mit Interrail begann. Wir verbringen einige Nächte am Strand, die Tage fließen so dahin, buntes Treiben am Strand, Zelte, Hütten, einige schlafen in Felshöhlen. Keine Sonnenschirme oder Liegen, lediglich die Taverne, weit oberhalb des Strandes, die es damals schon gab. Hier trifft sich einmal wöchentlich die Umgebung, bespielt von einer Rembetiko-Band, die alten Herren tanzen auf den Stühlen und Tischen, die Frauen werden umschmeichelt von ihren Umwerbungen zum Tanz.
In der Sintflut
Der Wetterbericht gibt die ernüchternde Prognose: Schluss mit Strand und Sonne, es wird ordentlich regnen. Wir denken uns, dass es doch mal schön wäre, in einem Bett zu schlafen und buchen ein kleines Apartment nicht weit von hier in den Bergen. Schnell proviantieren, bevor es anfängt zu schütten. Wir erreichen das Apartment und es beginnt zu regnen. Mit unseren Apartmentnachbarn machen wir noch schnell Bekanntschaft, bevor wir uns verkriechen. Und nun hört es nicht mehr auf zu regnen, Blitz und Donner gesellen sich im Sekundentakt dazu, Strom und Wasser fallen aus. Zweieinhalb Tage dauert dieses Wetter an, das haben wir noch nie erlebt. Mit unseren Leidensgenossen der anderen Apartments sitzen wir in der Dunkelheit zusammen, erzählen uns Geschichten, essen und trinken. Die Besitzer der Apartments haben eine Taverne, durch den Stromausfall taut die Tiefkühltruhe ab. Und so bekommen wir täglich leckeres Essen und Trinkwasser. Am dritten Tag ist der Strom zurück, es hat aufgehört zu regnen und so langsam begreifen wir das Ausmaß dieser unaufhörlichen starken Regenfälle. Straßen und Brücken wurden von den Fluten mitgerissen, Autos, Bäume, Kühlschränke, Waschmaschinen ins Meer gespült.
Die Tiefebene Thessalien gleicht einer Badewanne. Wo noch bis vor ein paar Tagen Viehwirtschaft, Ackerbau und Obst- und Gemüseanbau für ganz Griechenland stattfand, sitzen Menschen auf Hausdächern und warten auf Hilfe. Wir fühlen uns ohnmächtig. Die Straße zu unserem Freund soll unterbrochen sein, er selbst schickte uns ein Video, in welchem sein Auto und Waschmaschine in reißenden Fluten schwammen. Die Straße zu seinem Häuschen wurde von einem Fluss, der normalerweise zwanzig Meter breit ist, der sich aber auf 200 Meter verbreiterte, weggerissen, Häuser, die dieses Flussbett säumten, schwammen davon. Nach ein paar Tagen trauen wir uns nach Milina. Uns empfängt das Bild einer totalen Zerstörung. Tränen schießen uns in die Augen. Die Paralia, die Hafenpromenade mit Tavernen und Bars ist komplett zerstört, Autos, Bäume, Häuserteile, Kühlschränke, Waschmaschinen, alles liegt wild herum oder schwimmt im Meer, eine Befestigung der Straßen gibt es nicht mehr. Die kleineren Straßen sind ein einziges Chaos, Schlammlawinen haben sich hier hindurchgezwängt und alles mitgenommen. Das Meer ist braun und es riecht unangenehm in den Straßen. Menschen, die ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben, irren umher. Schon am nächsten Tag beginnen wir zu helfen. Die Souterrain-Wohnung von Stefans Nachbarin steht unter Wasser, Möbel, Teppiche-alles muss raus. Zu sechst schleppen wir das Inventar hinaus, schippen Schlamm in Schubkarren, laden ab, bis nach drei Tagen wieder Fußboden zu sehen ist. Und so passiert es überall, Menschen packen gemeinsam an, versorgen ältere Menschen mit Lebensmitteln und geben einander Trost in dieser Situation. Wir beobachten ein großes Gefühl des Zusammenhaltes unter den Griechen und auch Momente, in denen trotz allem gescherzt und gelacht wird. Strommasten werden in Windeseile neu aufgestellt, doch das Schlammschippen ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn der Boden ist aus Lehm und wenn der trocknet, ist er schwer und kaum mehr zu bewegen.
Kurs Nord
Es wäre noch an allen Ecken und Enden zu helfen nötig gewesen, doch wir müssen das Chaos und unsere lieben Freunde in diesem Desaster zurücklassen, denn eines ist in dieser turbulenten Zeit auch passiert: Unser Buch ist erschienen! Uns erreichen Nachrichten von Freunden und Familie, die es bereits in den Händen halten, nur wir sind noch weit entfernt davon. Traurig machen wir uns auf den Weg gen Norden. Nach zwei Tagen in Bayern bei einer lieben Freundin fahren wir wieder an den Bodensee. Dort liegt nicht nur unser neues Boot, hier findet auch die Messe „Interboot“ statt. Am Stand von Delius Klasing halten wir erstmals unser eigenes Buch in der Hand, ein unbeschreibliches Gefühl! Vier Termine haben wir auf der Bühne der „Interboot“, erzählen von unserer Reise und signieren anschließend unser Buch. Was für ein Umschwung!
Gerade noch in Gummistiefeln mit Schippe in der Hand hin zu einem ordentlichen Outfit mit Signierstift zwischen den Fingern.
Wir besiegeln zudem den Kauf der Yacht, stellen sie an Land, messen aus, planen und träumen. Nun ruht sie erstmal, wir sind mittlerweile wieder in Bremen und freuen uns auf neue Abenteuer im Herbst und Winter.
Möchtet ihr auch ein signiertes Buch von uns? Dann schickt uns eine Nachricht und wir senden es Euch zu.
Wenn ihr den Hafenort Milina mit einer Spende unterstützen wollt, dann klickt hier:
Herzliche Glückwünsche zur neuen INTI, allzeit gute Fahrt und die Handbreit Wasser unter dem Kiel!