Kleine Schritte zum großen Abenteuer
Bis zum Tag vor der Abreise aus Bremen sind wir mit Jobs beschäftigt, kaum ein Innehalten zum Ausleben der Vorfreude. Doch in kleinen Momenten sehen wir unsere neue INTI vor uns, die vielen spannenden Orte an der Donau, das Delta, Istanbul. Istanbul wollten wir schon immer bereisen, jetzt liegt es auf der Route und wartet auf uns.
Täglich erreichen uns Päckchen mit Zubehör, die Gebrauchtbörsen werden regelmäßig mehrmals abgerufen auf der Suche nach Teilen fürs Boot. Nicht nur die Technik, auch die Ausstattung müssen wir bedenken, wir wollen schließlich auf dem Boot leben. Die Spannung steigt, auch, weil der Bodensee dieses Jahr einen sehr niedrigen Pegelstand hat. Doch wir müssen in den See, denn der Sattelschlepper kann INTI nicht von der Werft wegtransportieren, da der Weg dorthin zu schmal und kurvig ist. Wir wären also gefangen auf dem Trockenplatz, an Land aufgebockt. Bangen und Hoffen auf die Schneeschmelze in den Alpen und natürlich auf Regen. Mitte Juni beladen wir unseren Campervan mit vielen Geschenken für die neue INTI.

INTI-wach auf!
Er ächzt unter der Last, bringt uns aber gutmütig an den Bodensee, wo wir unsere Ankunft wie immer bei Spätzle und Wildgulasch im Wirtshaus feiern. Nach einem tiefen Schlaf in unserer gemütlichen Ferienwohnung wecken wir INTI aus ihrem Winterschlaf. Wir befreien sie aus ihrer Decke, von Spinnweben und grünem Belag.

Nun geht es darum, sie „seetüchtig“ zu machen, bodenseetüchtig, um sie in den anderen Hafen zu bringen. Tag für Tag bessern wir aus, verbessern und es kommt auch vor, dass wir etwas verschlimmbessern. Bei einem Motortest stellen wir fest, dass die Lichtmaschine nicht mehr funktioniert. Wir bestellen eine neue, über den See werden wir auch ohne kommen und die Neue später einbauen.
Sommeridyll
Gerädert verlassen wir abends die Werft, mittlerweile steigen tagsüber die Temperaturen an die 30° Grad, die abendliche Dusche lockt, doch erstmal müssen wir eine knappe halbe Stunde mit dem Auto fahren. Diese Fahrt ist eine Erholung für den Geist und lässt langsam abschalten. Saftige Wiesen, Hopfen, der an langen Stangen emporrankt, pralle Johannisbeersträucher.

Wir passieren Wiesen mit Tieren, die uns völlig unbekannt sind. Allen ist gemein, dass sie aussehen, als hätte man sie kopfüber genau bis zur Hälfte in einen Farbtopf gesteckt. Sie sind vorne braun und hinten weiß und tragen lange Hörner und sehen irgendwie aus wie Ziegen. Die Recherche sagt, es seien Walliser Schwarzhalsziegen. Bunte Blumenwiesen, Felder mit Artischocken zum Selberschneiden und kleine Hofläden säumen unseren Heimweg.

Das Kind hat einen Namen
Eines Tages, wir schaffen es gerade noch, ihr den neuen Namen aufzukleben, ist es soweit. INTI wird aus ihrem langen Dornröschenschlaf befreit.

Sie bewegt sich!
Der Traktor nähert sich knatternd und auf einmal bewegt INTI sich von ihrem heimeligen Platz davon, Richtung Wasser. Der Mast, der ebenfalls Winterschlaf auf einem Gestell hielt, ist soweit vorbereitet, die neuen Wanten und Stagen sind daran befestigt, um auszuprobieren, ob sie die richtige Länge haben. Dann soll er auf einem, von Smutje eigens angefertigtem Gestell ruhen.

Es wird spannend. Wilde Böen zischen über den See, weiße Schaumkronen zieren die kleinen Wellen. INTI kommt zum Stehen. Der Mastkran hebt den Mast an. Der Mast schwankt wie ein Grashalm im Wind. Doch dank der Professionalität der Hafenmeister steckt er bald in seinem Fuß. Der Himmel verdunkelt sich, ein Regenschauer prasselt auf uns hernieder, während wir das Rigg einrichten. Es passt alles.

Der Mast wird in die Legevorrichtung eingepasst und liegt ruhig darin. Nun soll INTI auf Schienen weiter gen Wasser geschoben werden. Doch die dicken Stahlseile wollen nicht. Sie scheinen blockiert zu sein. Wilde Betriebsamkeit bricht aus. Bodenbleche werden geöffnet und offenbaren die Technik der über 100 Jahre alten Konstruktion. Dicke Umlenkrollen, leicht verrostet, kommen zum Vorschein. Mit Ruhe und Bedacht wird eine Lösung gefunden und nach einer Stunde funktioniert die Anlage wieder. INTI wird ein Stück Richtung Wasser bewegt, wir wollen sie jetzt noch einmal überprüfen, bevor sie am nächsten Morgen endgültig schwimmen wird.

Test (fast) bestanden!
Und dann geht auch alles ganz schnell. Ohne Zeit für Nervosität oder Aufregung fahren wir ins Wasser, andere Bootseigner warten schon darauf, auf die „Eisenbahn“ zu kommen. Als INTI endlich schwimmt, spritzt kein Wasser durch die neuen Ventile hinein, der Motor schnurrt freundlich und wir gleiten hinein in den Bodensee. Es ist acht Uhr morgens, der See erwacht langsam, Kormorane fliegen in Schwärmen an uns vorbei, noch keine weißen Segel zieren die Ufer. Wir gleiten über den See.
Smutje weicht nicht aus dem Motorraum, um zu überprüfen, ob er auch so läuft, wie er soll. Oh nein! Auf einmal spritzt das Kühlwasser von irgendwoher wie wild durch den Motorraum, doch nach einer Weile hört es auf. Was war denn da los? Das werden wir im Auge behalten. Doch erstmal legen wir am Gästesteg in Kressbronn an und bereiten INTI auf ihren Transport in die Donau vor. Der supernette LKW-Fahrer ist auch schon einen Tag vorher da, wir haben ein gutes Gefühl.

Fitzcaraldo
Am nächsten Morgen wird INTI dann wieder aus dem Bodensee gekrant und professionell auf dem Laster verzurrt. Mittlerweile ist auch der Fahrer des Begleitwagens eingetroffen. Er fährt mit seinem blinkenden Fahrzeug hinter dem LKW her. Den größten Teil der Strecke fahren wir hinter dem LKW her, beobachten, wie INTI über Wiesen und Hügel fährt, unter Brücken hindurch und sich durch Tunnel zwängt. Nach einem kurzen Frühstücksstopp an einer Raststätte haben wir den Transporter verloren.

INTI wartet schon in der Marina Kelheim an der Donau auf uns. Nun beginnt ein hektisches Treiben. Man mutmaßt, dass INTIs Tiefgang zu groß ist und wir nicht gekrant werden können, da der Pegelstand der Donau gerade sinkt. Betretene Gesichter bei allen Beteiligten. Was nun? Eine lange Stange wird ins Wasser gehalten und der Wasserstand abgelesen. Müsste passen. INTI wird in die Schlaufen des Krans gehängt und nähert sich dem Wasser, Capitana muss an Land bleiben, zuviel Ballast.

Doch INTI schwimmt. Sie bleibt auch auf dem Weg zum Liegeplatz nicht stecken. Nun liegen wir in einer Motorboot-Marina, als einziges Segelboot. Nicht viele unternehmen diese Reise, geschweige denn, mit einem Segelboot.

Nachdem wir die neue Lichtmaschine eingebaut haben, starten wir den Motor. Doch wieder spritzt und tropft das Kühlwasser herum, glücklicherweise macht zumindest die Lichtmaschine, was sie soll. Jetzt wird es langsam nervig. Was ist denn da los? Die Kühlwasserpumpe wird ausgebaut und es zeigt sich, dass eine Dichtung nicht mehr intakt ist. In einem Kfz-Zubehörladen besorgt Smutje einen Dichtungsbogen, aus dem man sie sich individuell ausschneiden kann. Zusammen mit einer speziellen Dichtmasse setzt er sie in die sorgfältig geputzte Pumpe. Einbauen, Motor starten, Hoffen und Bangen. Es ist eine 50/50 Chance. Tja, wir haben die blöden 50% erwischt, die Arbeit hat sich nicht gelohnt. Es ist der innere Dichtring und an den kommen wir nur mit Spezialwerkzeug.

Wir beschließen, uns Hilfe von außen zu holen und Smutje bringt die gesamte Pumpe in die nette Werkstatt von Fleiß Yachtzubehör in Feucht. Nun hoffen wir sehr, dass dort das Problem behoben wird. Da die Reparatur eine Weile dauert, widmen wir uns den anderen Arbeiten, fahren endlich runter, schlafen richtig gut und fangen an, uns zu entspannen.

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Wir freuen uns über Tipps oder eine kleine Spende.
Spannender und unterhaltsamer als Wilsberg und Wismar zusammen 😅
Wir wünschen euch fair Winds und following seas mit eurer neuen INTI.
Und dass ihr alle Hindernisse aus dem Weg räumt! Liebe Grüße von den Landratten aus Langwedel
Elke & Werner (vormals Sy naja, jetzt WOMO Rosinante)