Am Ende haben die Wettergötter entschieden. Da Capitana und Smutje unter grosser Entscheidungsarmut leiden, haben sie das Zepter in die Hand genommen und eine Menge Tiefdruckgebiete auf den Weg nach Neuseeland gestreut, so dass es am Ende für Smutje und Capitana zu unbeständig war und sie diese Tour nicht antraten. Jetzt schwitzen sie in der Hitze Fidschis, doch das hat so viele gute Seiten! Man kann es nicht oft genug erwähnen, an erster Stelle steht diese einzigartige Fröhlich- und Freundlichkeit der Einheimischen, an zweiter Stelle ungefähr das erschwingliche und so frische Obst und Gemüse. Vor Weihnachten entschlossen sie sich, mal ein wenig weiter in die Inselwelt abzutauchen, in der Marina wurde es immer stickiger und mückiger und vor allem ruhiger. Die Boote nach Neuseeland waren gestartet, Leute verzurrten ihre Boote und flogen nachhause, nur noch ein paar Gestalten huschten ihnen über den Weg.
Leinen los! Schon in der ersten halben Stunde waren uns die Meeresgötter wohl gesonnen und beschenkten uns mit einem ordentlichen Thunfisch an der Schleppangel! Ach, so macht doch Segeln Spass! Mit sechs Knoten fliegen wir unserem Ziel entgegen: Navadra, zwei hufeisenförmig angeordnete Inseln, unbewohnt, lediglich ab und zu für Filmaufnahmen der Show „Survivor“ genutzt. Dementsprechend auch atemberaubend schön, weisse Sandstrände, gut erhaltene Korallen mit vielen bunten Fischen, grosse Schildkröten tauchen unter uns hinweg, Haie beäugen uns aus sicherer Distanz (oder umgekehrt), das Wasser hat eine angenehme Schwimmtemperatur und leuchtet in allen Blautönen. Nur nachts werden wir von einem ungewöhnlichen Geräusch geweckt: hat da einer sein Baby auf der Insel vergessen? Komische Schreie dringen auf unser Boot, aber wir sind doch die Einzigen hier, da müssen wir morgen schnell nachsehen. Also ab auf die wunderschöne Insel, wir laufen in Richtung des seltsamen Geräusches und schnell ist der Verursacher ausgemacht: ganz einsam steht da eine Ziege auf der Insel und meckert immer mal wieder vor sich hin. Wie ist die wohl dahin gekommen? Naja, so einsam wie es aussieht ist dieses Paradies auch nicht, am Wochenende kommt ein Boot vollgeladen mit Familien auf die Insel und unter lauten Verabschiedungsrufen fährt es abends schon wieder auf die nächste bewohnte Insel. Da wollen wir auch hin und nach zwei weiteren, sehr rolligen Ankerplätzen in wunderschöner Umgebung fällt unser Anker zwei Tage vor Weihnachten vor dem kleinem Inseldorf Wayaseva. Wir sind natürlich neugierig, packen Kawa und Tee ein, von dem wir gehört haben, dass er auch gerne genommen wird, da in manchen Dörfern gar kein Kawa getrunken wird. Wir landen mit unserem Dingi an und schon haben wir eine Kindertraube um uns herum, die uns alle helfen, unser Dingi an Land zu ziehen. Grosses Willkommen und Hallo, Bula! Wir fragen nach dem Dorfchef und werden zu ein paar Männern gebracht, die lässig auf Bastmatten herumsitzen. Wir unterhalten uns eine Weile, dann gehts ums Haus herum, wo die ganze grosse Familie schon fröhlich plaudernd beim Tee sitzt. Es gibt leckeres, an riesige Schmalzkuchen erinnerndes selbst gebackenes Fettgebäck mit Butter und Marmelade zu probieren und viel Tee zu trinken und wir herzlich eingeladen, am nächsten Tag mit Weihnachten zu feiern! Der Gottesdienst am 25.12. findet schon um 5 Uhr morgens statt, aber wir werden mit einem wissenden Blick schonend zum späteren Mittagessen eingeladen. Wie schön! Wir sind ganz aufgeregt und freuen uns über diese unaufgeregte Freundlichkeit. Bewaffnet mit einem grossen Salat machen wir uns mit der Crew eines anderen Bootes auf ins Dorf, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Alle sind in feinsten Zwirn gewandet, die Menschen leuchten förmlich in ihren so farbenfrohen Gewändern, strahlendes Rot leuchtet, saftiges Grün strahlt uns entgegen, Gelb, Blau und alle nur möglichen Violetttöne. Es geht entspannt zu, hier gilt die Fiji-Time. Wir beobachten die Dorfbewohner bei ihren Vorbereitungen, es duftet vom Grill, in grossen Töpfen werden unterschiedliche Gerichte zubereitet, Gewürzduft liegt über dem Ganzen, Kumin, Madras-Curry, Chili, uns läuft das Wasser im Mund zusammen! Doch zunächst bekommen wir von einem jungen Mädchen eine Führung durch das Dorf zur Schule. Obwohl das Dorf klein ist schlafen die Kinder unter der Woche in Extra-Gebäuden bei der Schule, wie in einem Internat. Es gibt einen grossen Platz für unterschiedliche Sportarten. Hier knallt die Sonne drauf und wir verziehen uns wieder in den Schatten zu unserer Patenfamilie.
Langsam kommt Bewegung in die Sache, immer mehr Verwandte kommen ins Dorf, begrüssen uns mit Händeschütteln und Umarmungen. Die Männer haben sich in ein Gebäude zurückgezogen und singen in sonoren Tönen, ein Schwein wird aus dem Erdofen geholt, welcher bizarrerweise auf dem Gelände des Friedhofs angelegt wurde. Doch es duftet verführerisch; eingewickelt in die köstlichen Bananen-, Palmen- und Taroblätter, die ihm einen ganz besonderen Geschmack verleihen. Teller werden angeschleppt, aus den riesigen Töpfen wird Essen in Schalen verteilt, auf dem Boden werden Tücher ausgebreitet und die Teller verteilt. Männer, Frauen und Kinder essen getrennt, Besteck überflüssig, alles wird per Finger in den Mund befördert. Wir können garnicht soviel essen, wie wir gerne möchten, so gut schmecken die einzelnen Gerichte, so liebevoll und mühsam zubereitet für diesen besonderen Tag! Man bedankt sich herzlich bei uns, dass wir gekommen sind und an diesem Fest teilnehmen, je mehr Menschen umso schöner das Fest, wird uns gesagt. Später stimmt der Kinderchor noch zu ein paar Liedern an, die Männer sind zur Kava-Session verschwunden. Jetzt wird es für uns auch Zeit für einen Verdauungsschlaf und glücklich und voll von so vielen Eindrücken machen wir uns wieder auf zu unseren Booten.
Wir verlegen uns wieder nach Navadra, geniessen ein paar Tage im unbewohnten Paradies, doch es gibt Sturmwarnungen und nach zwei Wochen Inselleben geht uns das Frischzeugs aus, so treten wir den Rückweg in die Marina an. Es ist bereits stürmisch auf See, grau und regnerisch mit ordentlichen Böen. In der Marina werden wir angewiesen, INTI rückwärts einzuparken, was als Zyklonvorbereitung üblich ist. Nicht leicht mit unserem Langkiel. Also lassen wir uns von dem kleinen Marinaboot in unsere Parklücke schubsen. Kaum vertäut stehen schon all unsere Freunde am Steg und es gibt ein freudiges Wiedersehen! Schliesslich ist morgen Silvester, wir planen gemeinsam eine kleine Grillparty in der Marina. Smutje wird mit den Zyklonvorbereitungen betraut, während Capitana in die Stadt zum Einkaufen fährt. Schwitzend kramt er alle erdenklichen Ketten, Leinen und Fender aus INTIs Bauch, schlägt Segel ab, organisiert Autoreifen als extra Fender. Capitana macht auf ihrer Einkaufstour noch einen Besuch bei der Feuerwache und besorgt ausrangierte Schläuche, um die Leinen gegen Durchschuppern zu schützen. Da liegt es, unser Zuhause und wartet auf den Sturm, unheimlich! Doch abends findet sich eine illustre Gesellschaft zum Sylvester feiern zusammen, wir haben viel Spass zusammen, kleine Feuerwerke poppen am Himmel auf, schön, an einem solchen Tag nicht frieren zu müssen oder durch die Kriegszustände in Berlin zu einer Party fahren zu müssen.
Der angekündigte Sturm verzieht sich, doch nun wird es ernster, es ballt sich etwas zusammen und bekommt auch schon einen Namen: tropical cyclone MONA ist im Anmarsch. In der Marina wird es geschäftiger, Gebäude werden mit Holzplatten verrammelt, Boote von den Inseln kommen an, werden noch schnell an Land geholt, Ketten werden von den im Wasser liegenden Booten zu einer Mooring in der Mitte des Beckens gespannt, an Land werden ebenfalls Ketten an den Leinen befestigt. Lose Dinge werden verzurrt, Segel abgenommen-die Anspannung steigt! Das Hafenbecken wird mit einer Barre verrammelt, um Wellen draussen zu halten, es können nun keine weiteren Boote hineinkommen. Die Boote werden nun ein Stück Richtung Mitte bewegt, um sich im Falle nicht gegenseitig in Quere zu kommen, an Land können wir nun nicht mehr. Wir beobachten das Wetter aufmerksam im Internet, in der Marina kein Anzeichen einer Brise, es ist brüllend heiss hier. Und nach zwei Tagen kommt auch schon die Entwarnung: MONA ist abgedreht und wird eine andere Route nehmen, Viti Levu wird nicht betroffen sein. Hoffentlich richtet sie nicht zu viel Schaden in der Lau-Gruppe an! Aufatmen ist angesagt, die Ketten werden wieder gelöst, wir ziehen unsere Genua wieder auf und sind bereit für neue Abenteuer ausserhalb der Marina, die Einheimischen sagen, dass jetzt erstmal zwei, drei Wochen Ruhe ist, wir planen, wieder auf die Inseln zu fahren, doch müssen wir das Wetter beobachten, die Zyklonsaison geht schliesslich noch bis Mai und hier ist in vergangener Zeit schon Einiges rübergefegt und hat verheerenden Schaden angerichtet.
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Danke für den anschaulichen Bericht über euren Jahreswechsel! Wir wünschen euch ein gutes (gesundes, havariefreies…) neues Jahr mit freundlichen Winden und glücklicher Ankunft!
Eure Rainer&Ingrid
Vielen Dank, das wünschen wir euch auch! Viele liebe Grüsse und eine ordentliche Portion Südseesonne nach Bremen.