Plans of sailors are written in the sand, at lowtide. Seglerweisheit
Seit über drei Wochen sind wir nun schon wieder an Bord unserer INTI. Drei Wochen harter Arbeit in der Sommerhitze Fidschis, begleitet vom schrillen Fiepsen der Moskitoschwärme liegen hinter uns. Wir haben Rumpf und Unterwasserschiff gestrichen, das Cockpit verschönert, Segel und Sprayhood repariert, proviantiert und nun liegen wir seit bald zwei Wochen in der Marina im Wasser und checken das Wetter, checken und checken. Ständig ändern sich die Vorhersagen, mal ist absolute Flaute angesagt und vor Neuseeland warten fiese Stürme, dann bilden sich direkt auf dem Weg ungemütliche Fronten und Tiefdruckgebiete, keine stabile Wetterlage in Sicht und im Westen bilden sich die ersten tropischen Depressionen aus, deren Entwicklung und Weg schwer einzuschätzen ist. Wir sitzen vor Rätseln und fragen uns täglich, ob wir nicht wirklich zu spät sind, ob wir einen Plan B erfinden müssen, ob wir einfach lossegeln…? Wir sind zeitweise sehr ratlos, hocken über Wetterkarten mit den immer weniger werdenden Bootsnachbarn, bekommen Nachrichten von Freunden die nach mehr oder weniger ruppigen Überfahrten Neuseeland erreicht haben. Es frustriert uns, INTI startklar zu machen, um dann am vermeintlichen Starttermin wieder vor einem unmöglichen Wetterbild zu stehen, das die Abfahrt nochmals auf unbestimmte Zeit verschiebt. Doch das gehört nunmal dazu zum Seglerleben und die unbeschwerte Herzlichkeit der Einheimischen heitert uns immer wieder auf.
Als wir nach dem zweitägigen Flug aus Deutschland todmüde aus dem Flieger schlurften wogt uns eine Welle der Freundlichkeit entgegen. Vom Taxifahrer, über den Hafenmeister der Marina bis zum Gartenarbeiter, alle begrüssen uns überschwenglich und freuen sich, uns wieder zu sehen. Da ist sie wieder, diese einzigartige Gastfreundschaft und positive Lebenseinstellung der Südseeinsulaner. Ein ziemlicher Kontrast zu Deutschland in dem sich langsam aber sicher der Winter und die dunkle Jahreszeit einstellte.
Dennoch, Deutschland hat uns richtig gutgetan! Im angenehmen spätherbstlichem T-Shirt-Wetter kamen wir an, genossen Spaghettieis, Paella und Grillabende im Garten, konnten unsere Südseebräune präsentieren und trafen auf ein Deutschland, das einen langen, heissen Sommer hinter sich hatte, der sich noch auf den Gesichtern der Städter abzeichnete. Wir trafen unsere Freunde wieder, sahen die vielen neuen Lebensentwürfe, die sich entwickelt hatten, Kinder sind erwachsen geworden, neue geboren, ein Haus auf dem Land musste her, Partnerschaften haben sich geändert. Das Leben ist natürlich weiter gegangen in den letzten drei Jahren, aber gute Freundschaften sterben nicht, es fühlte sich nie an, als hätte man sich so lange nicht gesehen, eher drei Wochen vielleicht. Es gibt natürlich viel zu erzählen und wir geniessen es sehr, unsere Freunde wieder zu sehen. Auch genossen wir das warme Nest unserer Familien, Mutters und Vaters leckere Küche, die Gemütlichkeit eines richtigen Bettes und den Luxus fliessenden Wassers, feierten gebührend die goldene Hochzeit von Capitanas Eltern und am Ende, als es dann doch empfindlich kalt wurde, erfreuten wir uns sogar noch an unserem geliebten Kohl und Pinkel-Essen.
Daran ist hier kaum zu denken, kaum hebt man die Gabel, bricht der Schweiss in Strömen aus, abends niemals vor Sonnenuntergang kochen und wenns geht Salat und leichte Kost. Von Tag zu Tag wird es heisser, die Einheimischen stöhnen, die Mittagspause wird länger und länger, im Schatten wird gescherzt, gekichert und geschlafen, wir machen es ihnen nach, gehen dazu noch an den Strand, schwimmen ein paar Runden im lauwarmen, aber klaren Wasser.
Doch dann wird es Zeit für eine Arbeits- und Marinapause, der berüchtigte Marinakoller zeigt erste Anzeichen. Also leihen wir uns mit Freunden ein Auto und fahren in das bergige Hinterland der Insel. Über Schotterpisten und abenteuerliche Brücken schlängeln wir uns hoch in die Berge und besuchen ein abgelegenes, traditionelles Dorf. Am Dorfeingang werden wir erstmal von einer Dame mit Kind abgefangen. So abgelegen ist das Dorf dann doch nicht, zur Hauptsaison kommen immer wieder Reisegruppen vorbei und es heisst Eintritt zahlen. Weiter geht es zum Dorfchef, Sevusevu machen. Sevusevu ist die traditionelle Begrüssungszeremonie, bei der Gäste und Chief sich bei einer Schale Kava bekannt machen. Vor seiner Hütte werden schon eifrig Kavawurzeln verarbeitet. Das pulverisierte Kava wird dann mit Wasser vermischt und in einer grossen hölzernen Schale durch Tücher geseiht. Dann bekommt jeder der Reihe nach eine mit dem grauen Gebräu gefüllte Kokosschale gereicht. Dreimal in die Hände klatschen, die Schale auf Ex und nochmal klatschen, schon ist man willkommen im Dorf. Wir bleiben noch ein bisschen in der Hütte, plaudern mit dem Chief und seiner Familie, blödeln herum mit seinen Enkeln. Scheu vor Fremden scheint hier ein Fremdwort zu sein. Die unglaubliche Sommerhitze lässt unseren anschliessenden Dorfrundgang eher kurz ausfallen und wir verlagern unseren Ausflug an den nahe gelegen Fluss. Hier erwartet uns schon eine johlende Kinderschar. Auch sie sind kein bisschen schüchtern: “Come into the water“ fordern sie uns wild winkend auf! Wir spritzen und planschen mit etwa 20 Kindern herum, machen Kunststücke und Wettschwimmen, werden mit Fragen gelöchert, bist du verheiratet? wo liegt Deutschland? Und wir lernen etwa 20 verschiedene Namen, erfahren von der Schule und dass jetzt einen Monat lang Ferien sind und jeden Tag gebadet wird, die Kinder schlabbern frisch gepflückte Mangos im Wasser und wirken unbeschwert und frei. Es ist garnicht so leicht wieder loszukommen, die Kids wollen uns einfach nicht loslassen. Doch wir müssen Abschied nehmen, denn vor uns liegt der Holperweg zurück an die Küste. Wir beschliessen den Tag mit einem leckeren indischen Curry und kehren glücklich zurück in die Marina.
Und schon zeichnet sich eine neues Wetterfenster ab, der Wind ist günstig, eine tropische Depression entscheidet sich doch nicht in unsere Richtung zu kommen, doch es ist noch ein paar Tage hin bis zum möglichen Start. Wollen wir hoffen, dass es so bleibt. Neuseeland wir freuen uns auf dich!
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