Entscheidungen stehen an. Wie geht es weiter? Wir wollen im Herbst für eine Zeit nach Deutschland, ein grosses Familienfest steht an, unsere Freunde mal wieder treffen, das Budget aufbessern, eine Pause vom Bootsleben machen. Doch wo lassen wir INTI in der nächsten Zyklonsaison? Reicht das schmale Budget überhaupt noch zum Weiterfahren? Sollen wir viel zu früh in der Saison nach Neuseeland und uns der der Gefahr aussetzen, in einen fiesen Südsturm zu geraten? Sollen wir nach Australien, in die ungeliebte „er(n)ste Welt“ mit ihren strengen Einreiseregelungen oder doch lieber in der entspannten melanesischen Inselwelt bleiben und uns der Gefahr eines Tropensturms aussetzen? Wir besuchen Marinas, tauschen Erfahrungen mit anderen Seglern, überlegen hin und her. In unseren Köpfen brodelt es, mal sind wir euphorisch und manchmal ziemlich abgenervt. Die anstrengenden Momente des Vagabundenlebens. Letztendlich fällt die Entscheidung auf eine Marina in Fidschi, die bisher alle Stürme gut überstanden hat. Die Boote werden entweder in Löcher mit Autoreifen gesteckt oder mit Leinen und Ketten im Wasser verzurrt. Das passt für uns ganz gut, denn wir wollen INTI lieber im Wasser lassen. Auf jeden Fall tut es gut, sich endlich entschieden zu haben! Und dann kommt alles ganz anders, ein eigentlich fest geglaubter Job platzt im letzten Augenblick und wirft alle Pläne wieder durcheinander. Nun also doch nur kurz nach Deutschland, schade! Das heisst auch, nur noch kurz in Fidschi bleiben, denn wir beschliessen, INTI doch noch im letzten Augenblick aus der Zyklonzone zu segeln. Das ist einfach sicherer und wir kommen dann in Gebiete wo wir vielleicht auch Arbeit finden oder notfalls auch unser geliebtes, schwimmendes Zuhause verkaufen könnten. Wir werden sehen.
Doch erst einmal zurück zu den letzten Wochen. Nach Fidschi, ein Land, das uns bisher vor allem durch seine einzigartigen Menschen überzeugt hat! Überall wird man überschwänglich mit einem freudigen „Bula“ begrüsst, manchmal gar johlend und lachend. Die tiefschwarzen melanesischen Frauen mit ihren an Afrobomben-Frisuren winken uns zu, während die Kinder fröhlich kichern. Männer schütteln unsere Hände und laden uns zum kurzen Plausch auf der Strasse ein. Es geht weitaus quirliger und geschäftiger auf den Strassen zu als auf den tiefenentspannten polynesischen Inseln. Mag das an den Indern liegen, die hier ungefähr die Hälfte der Bevölkerung ausmachen? Die Engländer haben sie damals ins Land geholt, um die Zuckerrohrindustrie anzukurbeln. Die Melanesier haben den Kolonialherren natürlich einen Vogel gezeigt, als diese ihnen vorschlugen, sich für einen Hungerlohn auf den Feldern abzurackern. Wozu auch, in einem Land, in dem das Meer voll Fisch und die Erde unglaublich fruchtbar ist, einer Kultur, die eher in den Tag hinein lebt und Ernte und Fischfang unter den Familienangehörigen teilt? Auch heute noch scheint das Geschäftsleben grösstenteils in indischer Hand zu sein. Elektronikshops, Hardwarestores, Läden mit Plastikschnickschnack in allen Variationen säumen die Strassen, hier und da ein Hindutempel oder eine Moschee. Die Restaurants bieten Currys und andere scharf gewürzte indische Leckereien an. Wir schlemmen uns durch die endlich mal wieder supergünstigen Restaurants.
Unser erster Stop ist Savusavu, ein Seglertreff in einer gut geschützten Bucht im Süden der Insel Vanua Levu. Hier werfen wir nach einen schnellen Segeltörn den Anker. Nur drei Nächte haben wir für über 400 Seemeilen gebraucht. Konstante Winde von hinten bescherten uns Traumetmale, das haben wir mal wieder gebraucht nach all den anstrengenden Törns zuvor. Ziemlich lässig werden wir einklariert, im Abstand von vielleicht jeweils einer Stunde werden die unterschiedlichen Behördlinge an Bord geschippert, hier ticken die Uhren mal wieder ganz anders. Die berühmte Fiji-Time! Doch auf den Strassen erwartet uns ein absoluter Kontrast zu diesem eher bequemen Einreiseprozedere: Frauen in bunten Saris flattern umher, aus den Läden dröhnt Hindipop, Inder mit gestutzten Schnurrbärtchen betreiben DVD-Shops, es duftet nach indischen Leckereien und frischgebackenem Brot, am Busbahnhof labt sich der Fijianer an einer Schale Kava, während in der Markthalle ein reges Treiben herrscht. Des abends wird auf der Baustelle vor uns wild gearbeitet, auf unsere Frage hin, was denn da entsteht können wir uns nicht einkriegen vor Lachen: „Kotz Fidschi!“ ist nämlich die Antwort. So schlimm ist es doch hier garnicht, ganz im Gegenteil! Nach ein paar Tagen bekommen wir heraus, dass es sich um „Courts“ handelt, eine internationale Einrichtungshauskette.
Sofort freunden wir uns mit den Angestellten der Waitui Marina an. Eigentlich besteht die Marina nur aus ein paar Moorings und einem etwas windschiefen Verwaltungsbau mit Bar, ganz unser Geschmack! Die Damen der Rezeption sind immer da für einen nettes Gespräch und Abel der Nachtwächter schaut an seinen freien Tagen gern mal auf ein Bier oder eine Schale Kava bei uns vorbei. Dementsprechend traurig ist der Abschied nachdem wir nach einer Woche ankerauf Richtung Hauptinsel Viti Levu gehen. Wir lassen uns Zeit auf dieser Passage und schlängeln uns in Tagesetappen langsam hinter den etlichen vorgelagerten Riffen entlang. In einem flotten, windigen Ritt geht es dann über die Bligh Passage, benannt nach dem legendären Kapitän der Bounty. Bligh schlängelte sich hier, von den Meuterern ausgesetzt in einem mit Getreuen überfüllten Beiboot, ohne jegliches Navigationsgerät ebenfalls durch die Riffe. Diese bereiten selbst heute in der Zeit von GPS den Seglern noch Sorgen. Die traurige Besatzung der segelnden Nussschale traute sich trotz Hunger und Durst nicht an Land und segelte durch bis Timor, denn Fidschi galt als gefährliches Kannibalengebiet. Heutzutage ist von Kannibalenfeuern keine Spur, dafür sieht man umso mehr brennende Felder. Überall werden die abgeernteten Zuckerrohrfelder abgefackelt, ziehen Rauchschwaden über die Insel und bedecken INTI mit einem leichten Ascheregen. Ein bizarrer Anblick, zumal die Inseln auch sonst nicht gerade einen tropischen Anblick bieten. In ihrer Kargheit erinnern sie eher an Kreta und das, obwohl wir uns mehr oder weniger auf gleicher Höhe wie das Südseeparadies Tahiti befinden. Wir verankern uns erstmal in einer gut geschützten Bucht in der Nähe der Stadt Lautoka, feiern Capitanas Geburtstag mit einer kitschig bunten Schwarzwälder Kirschtorte eines indischen Konditors und werkeln ein wenig an INTI, die mal wieder ordentlich Rost angesetzt hat.
Dann lassen wir uns doch anstecken, und besuchen die bei Seglern beliebte Insel Malolo Lei Lei. Hier ist gerade ordentlich Fiesta angesagt, denn die alljährliche Fiji-Regatta findet hier statt. Eine Segelregatta einmal um die Insel und drumherum viele Infoveranstaltungen, Parties, Katamaranrennen, und und und. Wir geniessen das bunte Treiben und nehmen letztendlich auch an der Regatta teil und zwar mit der „Abraxas“. Wir sind das kleinste Boot und wohl auch das einzige, was den Schuss nicht gehört hat, den Startschuss….Und trotz einer Abkürzung werden wir die letzten, sprich die ersten von hinten und gewinnen sogar noch einen Preis, wer hätte das gedacht?!
Doch nun geht auch die gemeinsame Zeit mit unserem lieb gewonnenen Freund Stefan zuende, wie das beim Segeln so ist, irgendwann trennen sich die Wege und unser gemeinsamer war schon ziemlich lang. Er segelt weiter gen Westen, Neukaledonien, wir werden sehen.
Nun steht die alte INTI erstmal an Land, mal wieder, und wir geben unser Bestes, sie vor unserem Deutschlandaufenthalt soweit fertig zu bekommen, dass wir noch vor der Zyklonsaison weitersegeln können. Arm sieht sie aus, der Rumpf ist geschliffen und überall scheint der blanke Stahl hervor. Der Rumpf soll gestrichen werden und das braucht natürlich Vorarbeit. Ist er erstmal gestrichen, geht es ihr sicher wieder besser, Wellness schlägt eben nicht gleich an. Hoffen wir, dass es nicht regnet und wir noch ordentlich ackern können.
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