Wenn auch nur wenige Menschen Cäsaren sind, so steht doch jeder einmal an seinem Rubikon.
Graf Christian Ernst Karl von Bentzel-Sternau
Langsam tuckern wir zwischen den Riffen hinaus, hinter uns liegt die Vuda Marina und vor uns erstrahlt in tiefen Blautönen der pazifische Ozean. Die alte Dame, der Motor, schnurrt munter vor sich hin, freut sich hörbar über die neuen Filter die sie bekommen hat, die Liebe die wir ihr nochmal geschenkt haben und dass sie endlich mal wieder zeigen kann, was sie kann. Doch dann zieht der Wind auf und wir die Segel hoch. Die alte Dame darf sich entspannen und wir gleiten dahin, den Wind in den Segeln, gesteuert von unserem guten alten Windpilot. Entspannung pur, all der Stress der letzten Monate fällt von uns, wir lehnen uns zurück und geniessen. Wer hätte gedacht, dass wir das so bald nochmal erleben? Zurück liegt eine harte Zeit voller schwieriger Entscheidungen und emotionaler Achterbahnfahrten, vor uns ein neuer Abschnitt, ein neues Abenteuer, der Weg in die abgelegenen Inselwelten des Nordpazifiks. Abseits der gängigen Routen, ganz nach unserem Geschmack!
Wie kommt es dazu? Wie haben wir es nach all den im letzten Artikel beschriebenen Problemen geschafft wieder in See zu stechen? Zunächst einmal vielen Dank für die vielen Spenden, Hilfe und aufmunternden Worte. Sie haben uns sehr geholfen, doch die „Pechsträhne“ wollte einfach nicht abreissen und zwang uns zu einer Entscheidung. Wir haben INTI schweren Herzens verkauft, aber nicht in Fidschi, sondern an ein deutsches Paar in Majuro, ca. 1600 Seemeilen nördlich von hier in den Marshallinseln. Sie waren mit die ersten, die INTI noch im April besichtigt haben und eigentlich immer unsere Favoriten. Jetzt haben wir uns entschieden, sie für den Kauf und wir, ihnen das Boot hoch in die Marshalls zu segeln. Kein einfacher Trip, müssen wir doch noch einmal über den Äquator mit seiner Konvergenzzone mit unbeständigen Winden, Flauten, Squalls und Gewittern. Vor dieser Zone liegt noch die südpazifische Konvergenzzone, in der es ähnlich aussieht. Doch wir freuen uns trotzdem, endlich wieder raus auf See, hinaus in die Weiten des Ozeans und hinein in eine Inselwelt, in die sich nur wenige Boote verirren. Und wir werden nicht allein sein, mit uns segeln unsere Freunde auf der „Robusta“, ein Schweizer Paar, das sich ebenfalls auf einem schönen alten Stahlpott über Majuro auf dem Weg nach Japan und weiter nach Alaska befindet.
Doch blicken wir nochmal zurück. Lange haben wir nicht mehr geschrieben, was weniger daran lag dass es nichts zu berichten gab, als vielmehr daran, dass wir keine Zeit gefunden haben. Aus dem traurigen Grund, dass Capitanas Vater ziemlich plötzlich verstarb, parkten wir INTI Anfang Juni noch einmal in der Marina und reisten schweren Herzens nach Deutschland. Ein Auf und Ab von Gefühlen umfing uns hier, wir machten mal wieder die Erfahrung, wie einfach das Leben in der Umgebung, in der wir sozialisiert wurden, sein kann. Keine Sprachbarrieren, einkaufen im reich bestückten Supermarkt, Waschmaschine und heisse Dusche, alles ganz einfach. Und trotzdem zogen wir unsere Parallelen, vermissten das lässige Gemüt der Südseeinsulaner, die Wärme und die Unkompliziertheit des täglichen Lebens, den puren Geschmack des Gemüses, die Direktheit der Bewohner dieser Inseln. Wir fühlten uns zerrissen, wertschätzten und genossen das Nest unserer Freunde und Familien, sehnten uns aber auch nach unserer in den Jahren gewonnenen Freiheit, unserem schwer erarbeiteten Minimalismus, unserer so lieb gewonnenen Zweisamkeit, die meistens nicht viele Worte braucht.
In Fidschi angekommen ging es gleich in die gewohnte Bastelroutine, wir ersetzen die Dichtungsgummies der Fenster durch neue, die wir aus Deutschland mitgebracht haben, einige Roststellen wollen behandelt werden, ein neues Anzeigegerät für AIS installiert, der Motor gewartet und neues Antifouling gestrichen werden. Nebenbei schauen immer mal wieder Freunde mit ihren Booten in der Marina vorbei, das ein oder andere Mal wird der Grill angeschmissen und herzhaft gefuttert, gelacht und getratscht. Ein buntes Durcheinander aus Sprachen und Kulturen aus allen Ländern der Welt findet sich zusammen in dieser kleinen Marinawelt. Ein Gemisch aus Paaren, Familien und Einzelgängern mit unterschiedlichsten Hintergründen und Lebensläufen, die zunächst einmal unwichtig sind. Sie eint vor allem eines, das Segeln und die Suche nach einem Leben abseits vom Alltagstrott. Auch das haben wir vermisst. Viele waren immer mal wieder an einem ähnlichen Tiefpunkt ihrer Reise wie wir. Neue Ideen wachsen in unseren Köpfen, Möglichkeiten tuen sich auf, wir werden sehen.
Die „Robusta“-Crew schlägt vor, uns aus dem ewigen Marinatrott zu entführen und so landen wir für drei Nächte in ihrer Achterkabine im umtriebigen Musket Cove, geniessen das Schaukeln vor Anker, feiern einen deftigen Geburtstag, verbringen entspannte Stunden mit Tavli spielen am Pool und wissen wieder, wie das Leben auf einem Segelboot auch sein kann, nämlich unglaublich entschleunigt und relaxed…
Und das geniessen wir auch gerade wieder, baumeln am Anker, sind der Hitze, den Moskitos und dem Staub der Marina entkommen und bereiten uns auf den langen Schlag nach Norden vor. Wir werden Fidschi vermissen, weniger das Inselleben, was meistens dadurch gekennzeichnet ist, dass hier Resorts die Landschaft verschandeln, aber das alltägliche Leben, der Schnack mit Capitanas Lieblingsgärtner in der Marina, das herzliche „Bula“, das einem überall mit breitem Grinsen entgegen geschmettert wird, die Gemüsefrauen auf dem Markt, die mehr oder weniger kavaberauschten Busfahrer, der indischstämmige Gemüsemann Niten, der mit dem Fahrrad Obst und Gemüse in die Marina liefert, die kräftigen Fidschianer, die zärtlich ihre kleinen Babies herumtragen, die bunten Kleider der Fidschianerinnen, die leuchtenden Augen der Kinder, die uns neugierig begrüssen, die dicken Taxifahrer mit den Dollarzeichen in den Augen, die Vögel, die nachts heimlich ins Boot kommen und unsere Bananen anpicken um uns dann morgens liebevolle Lieder zu präsentieren.
Fidschi ist auch ein Ort der Entscheidungen. Viele Bootscrews scheuen sich, den Weg gen Westen durch den indischen Ozean weiterzuführen und überlegen, wo und ob sie ihren schwimmenden Untersatz verkaufen sollen, die meisten verkriechen sich vor den Zyklonen nach Neuseeland oder Australien, einige wenige planen waghalsige Touren zurück über Hawai nach Kanada oder die Vereinigten Staaten, einige wollen gar über den stürmischen Südpazifik nach Chile. Doch unsere Entscheidung steht fest: gut gerüstet wird INTI auf die Marshall-Inseln gehen, wir gehen erstmal mit und lassen dann das Schicksal entscheiden, wie es weitergeht.
Neulich wurde Capitana in der Marina von einer Fidschianerin angesprochen:“ You are rushing! Slow down.“ Du hetzt, nimm Tempo raus. Das letzte Mitbringsel aus Deutschland. Haben wir aber mittlerweile Schritt für Schritt abgeschüttelt.
Euch gefallen unsere Geschichten? Ihr wollt radiopelicano unterstützen? Dann werft ein paar Groschen in unsere Bordkasse und helft uns unser Reise weiter zu führen. Smutje und Capitana sagen Dankeschön! Zur Spendenseite
Bravo meine Lieben, bin in Gedanken bei euch an Bord und wünsche eine glückliche Fahrt… Suerte, Stepke
Will keep you following in this last trip that will be a nice one without any dought.