So, jetzt ran an die letzte Etappe. Vom Wetterbericht sind wir vorgewarnt: es soll richtig frostig kalt werden.
In Braunschweig steigen wir aus dem Zug und lassen uns per Taxi durch den kalten Abend zu unserem Bötchen bringen. Vorsorglich haben wir einen Riesentopf superscharfes Essen gekocht, um nicht völlig steif in der Koje festzufrieren. Schwerbepackt mit unseren Rucksäcken voll warmer Klamotten und einem Trolley (!!!!) gefüllt mit Wasser und Wein gehen wir an Bord. Und zu unserer großen Freude ist alles beim Alten: es haben sich keine Ratten eingenistet, nur unsere possierlichen Freunde, die dicken Spinnen, haben es sich bequem gemacht. Außerdem können wir uns Landstrom organisieren, so dass die Heizung bald gemütlich vor sich hin bullert und wir glücklich und zufrieden dem letzten Part unserer Überführung entgegen fiebern können.
Der nächste Morgen entschädigt die Kälte durch einen wunderschönen, glühenden Sonnenaufgang. Die Enten schimpfen lauthals vor sich hin und wir gleiten im Morgendunst in den kleinen Stichkanal, welcher uns wieder auf den Mittellandkanal bringt. In der Kurve treffen wir auf unseren nun ständigen Begleiter: einen Schubverband aus Berlin.
Jetzt wird erstmal geknattert, geknattert, geknattert.
Bei eisiger Kälte passieren wir die Autostadt Wolfsburg und lernen jetzt auch die Perspektive vom Wasser aus kennen.Die erste Schleuse ist auch schon in Sicht, und für die Capitana das erste Mal abwärts. Natürlich müssen wir anlegen und warten, bis die Binnenschiffer auch mal da sind, denn die haben ja immer Vorfahrt.
Also springen wir aus dem Boot und genießen die warme Herbstsonne. Ein älterer Herr auf einem Fahrrad nähert sich. Er steigt ab und begrüßt uns freundlich. Smalltalk, wie gewohnt, wo kommt ihr her, wo wollt ihr hin. Da öffnet er seine Aktentasche mit den Worten: „Das könnte Sie interessieren.“ Er hält dem Skipper die neueste Ausgabe des „Wachtturms“ vors Gesicht und dem entgleiten die Züge völlig. Ich verkrümele mich mit einem diabolischen Grinsen und denk mir, der kommt damit schon allein zurecht. Warum sagt er nicht auch einfach, er sei Pastorensohn…? Die –tochter zieht bei denen immer. Ist wohl nicht so leicht, den Rekrutierer loszuwerden (dass die schon bei einsamen Schleusen rumlungern ist auch ein Ding), aber irgendwann empfängt ihn die Capitana dann doch wieder auf dem Boot. Er ist ganz schön genervt, ob der Hartnäckigkeit des Sektenanhängers. Nun geht’s dann auch schon rein in die Kammer, es sind nur 9 Meter, also easy to handle.
Abends kommen wir dann im Yachthafen Haldensleben an, stecken in der Einfahrt natürlich kurz fest, bevor wir dann an der Spundwand anlegen, nicht ohne vorher unsere lustige Fenderparade aufgehängt zu haben.
Der nächste Morgen begrüßt uns grau-in-grau. Schnell weiter, natürlich nicht ohne in der Ausfahrt noch mal ordentlich steckenzubleiben. Zum Glück schlafen die Binnenschiffer noch, und mit einer schwarzen Rußwolke verabschieden wir uns von Haldensleben. Wir schippern durch verblühte Landschaften im Herbstgrau eine langweilige Strecke und es ist wirklich kalt. Rettung verschafft heißer Tee und Kaffee. Bei Magdeburg überqueren wir die Elbe. Imposant: eine Brücke direkt über den Fluss!
Nun die nächste Prüfung, nix für Klaustrophobiker: Eine Schleuse 19 Meter Hub, direkt in die Hölle. Glücklichweise gibt’s hier Schwimmpoller, also Leine drüber und straight in den Abgrund gleiten. Und vor uns, genau wie gestern: unser Freund, der Schubverband. Wir mussten ewig auf ihn warten. Hinter der Schleuse tuckern wir gemächlich hinter ihm her, und schau einer an, auch er legt in Burg an. Wir direkt hinter ihm, während der Skipper rausspringt und unseren Zweitskipper Jan vom Bahnhof abholt. Schnell weiter, bevor wir dem Schubi wieder am Hintern kleben.
Begrüßung mit nem schönen Whiskey, genau das Richtige. Noch zwei Schleusen. Bei der letzten hatten die Wärter dem Dorfheini wohl einige Bier versprochen, wenn er mal kurz den Knopf drückt. Wir feiern dann mal Halloween…. Der wollte aber lieber die Sportschau gucken und kam dann Stunden später mal angeradelt. Das hätten wir auch selbst machen können.
Jetzt erwachte der Ehrgeiz der beiden Skipper und so überquerten wir in völliger Finsternis den Plauer See, um dann irgendwann in Brandenburg-City vor der Schleuse anzulegen. Ohne Strom. Na dann mal auf in die Stadt, Hunger Hunger… Nach einem ewigen Fußmarsch durch eine verlassene Stadt mit wunderschönen alten Häuschen und Kirchen erreichen wir einen Platz. Vor uns das ortsansässige Steakhouse. Die Skipper nehmen die Peilung auf. Doch was tut sich da links davon auf? Ein griechisches Restaurant!!!!!!!!! Davon hatten wir den ganzen Abend geträumt! Vollgefressen und abgefüllt mit Ouzo kommen wir im eiskalten Boot an. Die Taylor-Heizung wird angeheizt. Es zischt und stinkt und irgendwann wird’s warm. Wir sinken in die Kissen.
Capitana kommt am nächsten Morgen zum ersten Mal kaum aus der Koje. Leise säuseln die Stimmen der Skipper draußen. Wir fahren los. Erstmal nen schönen Kaffee kochen. Dann mal oben nach dem Rechten schauen. Aber da ist nichts, gar nichts – alles weiß. Wir hängen im Nebel. Romantisch und spooky. Aber nach ein paar Stunden lichtet er sich und gibt die malerische brandenburgische Natur frei. Knallblauer Himmel. Farben nahezu Indian Summer. Wir unterqueren die Glienicker Brücke und schippern den Teltowkanal durch Lichterfelde, Steglitz, Lankwitz, Tempelhof, Neukölln und Treptow. Nachdem wir bei unserem Auskranhafen nach etlichen Manövern endlich angelegt haben, konnten wir endlich sagen: der Adler ist gelandet.
In Adlershof.
Und schon am nächsten Morgen ging´s dann an Land. Nun kann der Adler sich erstmal von der ganzen Knatterei erholen.